Teil 14: „Zwischen Angst, Familie und Zusammenbruch: Meine ADHS-Reise“

„Zwischen Familie, Arbeit und Erschöpfung blieb kaum Platz für mich selbst.“

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Das erste Mal in der Psychiatrie

Ich erinnere mich noch genau an dieses Gefühl.
Ich hatte Angst – Angst, dass man mich dort einsperrt, dass ich Medikamente bekomme, die mich völlig benebeln. Ich war skeptisch, misstrauisch gegenüber den Psychiatern. Sie stellten mir Fragen, die mir bis dahin noch nie jemand gestellt hatte. Es fühlte sich komisch an, ungewohnt, fast beängstigend.

Doch mit der Zeit taute ich auf. Ich merkte: Ich war nicht gefangen. Ich durfte jederzeit nach Hause gehen. Sie regelten sogar alles mit meinem Arbeitgeber. Ich hatte Termine, Gruppenkurse – und bekam noch sechs Monate Lohn. Diese Zeit nutzte ich, um vieles über mich, meine Gefühle, meine Gedanken und meinen Körper zu lernen.

Zurück ins Leben – und wieder ins Stolpern

Nach der Psychiatrie landete ich beim RAV. Bewerbungen schreiben fiel mir schwer. Ständig die Frage: „Warum haben Sie gekündigt?“ Ich fühlte mich schuldig, klein.
Auf den letzten Drücker – typisch ADHS – fand ich eine Stelle bei Varioprint. Logistik, ein völlig neues Feld für mich. Ein Jahr lang machte es Spaß. Doch dann kam Kurzarbeit, ich wurde an eine monotone Maschine versetzt. Nach einem Monat hielt ich es nicht mehr aus und kündigte.

Wieder RAV. Wieder die gleiche Schleife. Wieder auf den letzten Drücker fand ich eine Stelle bei der Gemeinde. Anfangs spannend, abwechslungsreich – aber irgendwann war es nur noch langweilige, laute, stinkende Arbeit im Regen, in der Hitze, in der eisigen Kälte.

Vaterfreuden und Erschöpfung

In dieser Zeit heiratete ich. Ein Jahr später wurde unser Sohn geboren. Ich liebte es, für ihn da zu sein, ihn in den Armen zu tragen, auch wenn er Koliken hatte. Fast jeden Abend trug ich ihn stundenlang in der Fliegerstellung. Nächte mit kaum Schlaf, gefolgt von Winterdiensteinsätzen im Morgengrauen.

Manchmal schlief ich nur ein bis zwei Stunden, bevor ich wieder raus musste. Die Müdigkeit fraß sich in mich hinein. Ich sagte meinen Kollegen: „Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“ Doch keiner verstand, was in mir los war – ADHS (von dem ich noch nichts wusste) verstärkte alles noch.

Dann kam der doppelte Leistenbruch. Operation, Krankschreibung. Einige Kollegen waren genervt: „Schon wieder krank.“ Ich spürte, wie ich mich noch mehr distanzierte. Gespräche über Oberflächliches, Lästereien über andere – ich hielt das nicht mehr aus.

Zusammenbruch und Rückfall in die Psychiatrie

Und dann kam Corona. Ich war der Erste im Team, der sich ansteckte. Die Präsidentin zweifelte und fragte sogar beim Arzt nach, ob das „wirklich sein kann“. Als ich zurückkam, hielt ich noch drei Tage durch.

Dann passierte etwas, das ich nie vergessen werde.
Ich stand da bei meiner Arbeit – und plötzlich sah ich mich selbst von oben. Als würde ich meinen Körper verlassen. Stimmen hallten in meinem Kopf, wie in einer Höhle. Ich weiß nicht, wie lange das dauerte.

Zurück in meinem Körper war ich verwirrt, traurig, voller Angst. Ich wusste nicht, was gerade mit meinem Geist geschah.

Mein Arzt reagierte sofort – und meldete mich erneut in der Psychiatrie an.

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