Teil 6: „Gefangen in der Angst – Als die Sucht mich ganz übernahm“
„Nichts ist schmerzhafter, als unter Menschen zu sein – und sich trotzdem allein zu fühlen.“
– Robin Williams

Die Sucht war allgegenwärtig
Sie war da. Und sie war so präsent – die Sucht. Ich brauchte Geld.
Und ich tat Dinge, die ich nie für möglich gehalten hätte:
Ich beklaute meinen Papi, während er schlief.
Plötzlich ging ich oft zu Oma und Opa, half ihnen bei alltäglichen Dingen –
aber nur, um sie nachts zu bestehlen, wenn alle schliefen.
Es war so schlimm. Ich hatte einen Tunnelblick.
Die ständige Angst, kein Marihuana mehr zu haben, fraß mich auf.
Ich wollte nicht zurück in die echte Welt – dorthin, wo der ganze Schmerz war, den ich seit meiner Kindheit mit mir trug.
Der Jugendtreff – Sehnsucht nach Zugehörigkeit
Es war die Zeit, in der wir alt genug waren für den Jugendtreff.
Sandro und ich trafen uns fast jedes Wochenende dort.
Wir lernten ältere Jungs kennen – und Dealer.
Anfangs waren diese Dealer nett, fast harmlos. Doch schon nach wenigen Käufen wollten sie uns Mischungen verkaufen,
die wie Marihuana rochen, aber offensichtlich noch andere, dubiose Kräuter enthielten.
Die erste Eskalation
Wir weigerten uns, das Zeug zu nehmen. Doch sie sagten:
„Ihr habt bestellt, ihr nehmt das und zahlt – sonst schlagen wir euch blutig.“
Wir hatten keine Wahl.
Am nächsten Tag begegnete ich einem von ihnen am Bahnhof. Ich sagte:
„Das war kein echtes Gras, ich bezahle das nicht.“
Er drehte durch. Sein Blick – ich sehe ihn heute noch – war wie der eines Monsters.
Er packte mich, würgte mich, schleifte mich zu einem Haus, drückte meinen Kopf mit voller Wucht unter den Briefkasten.
Dann ließ er los – mit der Drohung:
„Wenn du nicht zahlst, bekommst du richtig Ärger.“
Die Todesdrohung
Am Wochenende gingen wir trotz allem wieder zum Jugendtreff –
wir wollten dazugehören, nicht allein sein.
Ich kam an. Sandro war noch nicht da – aber die Dealer schon.
Sie packten mich, zogen mich in die Toilette und schlossen ab.
Sie spuckten mich an, bedrohten mich brutal:
„Wenn du uns in einer Woche das Geld nicht gibst, töten wir dich.“
Ich hatte einen Blackout. Ich weiß nicht mehr, wie ich von dort wegging.
Leben in Angst – und ohne Rückhalt
Von diesem Tag an war jeder Tag durchdrungen von Angst.
Ich hatte niemandem davon erzählt – nicht einmal meinem Vater.
Ich dachte nur:
„Wenn ich es ihm sage, wird er nur sagen: Siehst du, ich hab dir gesagt, dass Drogen schlecht sind.“
Die Kiffer-Kameraden waren nur da, wenn ich Marihuana hatte.
Und als ich ihnen von meiner Angst vor den Dealern erzählte,
hielten sie lieber zu denen als zu mir.
Sobald ich sie kommen sah, verschwand ich. Ich war völlig allein.
Das Monster mit Nunchakus
Der große Dealer war fast zehn Jahre älter als ich.
Ein „Streetfighter“. Er trug oft seine Nunchakus bei sich – und war bereit, sie einzusetzen.
Ich hatte keine Chance. Kein Schutz. Kein Vertrauen. Nur Angst.
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